HOF DER BADER

HOF DER BADER Innenhofgestaltung zur Geschichte des mittelalterlichen Badewesens. Badergasse, Mainz, 2001.

Der HOF DER BADER entstand im Innenhof  eines Wohnquartiers in der Mainzer Altstadtentstand auf der Decke einer neuangelegten Tiefgarage. Die Tragfähigkeit der Decke erlaubte keine ausreichende Erdschicht für eine umfangreiche Begrünung mit Pflanzen und so war die Gestaltungsvorgabe der Entwurf einer ‚künstlichen Landschaft‘ mit Aufenthalts- und Spielmöglichkeiten für die Anwohner und deren Kinder. Die in die Tiefe gehenden Bauarbeiten im Zentrum der Altstadt mit ihrer 2000 jährigen Geschichte, führten Schicht für Schicht durch immer ältere Reste früherer Bebauungen. Am geplanten Boden der Garage, in 8m Tiefe konnte ein Mosaikboden aus der römischen Bebauungszeit freigelegt werden.

Badestubenelemente
Birgit Kratzheller: Badestubenelemente, Zeichnung, 2000.

Die Platzgestaltung erinnert an die mittelalterliche Vergangenheit des Ortes, der über 400 Jahre lang den Zunftsitz der Bader beherbergte.

Anders als die luxuriösen römischen Thermen, die sich durch ausgeklügelte Technik und prunkvolle Ausstattung auszeichneten, war die mittelalterliche Badestube sehr einfach gestaltet. Die signifikantesten Elemente waren die großen hölzernen Badezuber.

HOF DER BADER Zeichnung Badestubenelemente Detail
Birgit Kratzheller, Entwurfszeichnung: Typische Elemente der mittelalterlichen Badestube: Holzzuber, Wasser und Steine, Zeichnung , 2000.
HOF DER BADER Zuber ohne Kinder_2
Drei der 5 hölzernen Badezuber: im Hintergrund der „Sandbottich,“ vorne: „Brücke“ und „Höhle“.

Die Platzgestaltung greift die Idee des Freilegens von Fundstücken aus der Vergangenheit an einer archäologischen Grabungsstätte auf. Und so tauchen als Gestaltungs- und Spielelemente 5 überdimensional große Zuber aus der planen Ebene einer wassergebundenen Decke auf. „Sandbottich“, „Höhle“,“ Brücke“, „Schiefe Ebene“ und „Eimer“ bilden ganz unterschiedliche Raum- und damit Spielsituationen.

Zuberelemente
Zuberelemente

Aus dem Planum erheben sich die Wölbungen einer mit Mosaikpflaster bedeckten, amorphen (Grabungs-) Landschaft, deren Vertiefungen zwei Wasserläufe beherbergen.

 

 

Mauern und Findlinge
Mauern und Findlinge

Eingelassene Findlinge erinnern an die feuererhitzten Steine, die in der mittelalterlichen Badestube zum Wiedererwärmen des Wassers in die Badezuber gegeben wurden. Wasserblau durchgefärbte Betonmauern bilden Bänke, Brücken, Barrieren, Durchlässe – und verdichten sich in der Südecke des Platzes um ein höher gelegenes Plateau. Wie in einer Schwitzstube bieten hier grobe Holzbänke weitere Sitzgelegenheiten. Das angrenzende Wasserbecken kann mit Hilfe einer Handpumpe befüllt und wechselweise in die beiden Wasserläufe abgeleitet werden.

Baderkräutergarten: An sieben Standorten wachsen jeweils verschiedene, duftende Kräuter, die in der mittelalterlichen Heilkunde von besonderer Bedeutung waren und im bekanntesten Kräuterbuch des Mittelalters ihren Platz hatten. Die Texte und Abbildungen der jeweiligen Seiten des in Mainz gedruckten ‚Gart der gesundtheit‘ sind den Standorten der Heilkräuter als tiefgeätzte Kupferreliefs beigeordnet.

HOF DER BADER Kupfertafel Heilkräuter_2

In einem bestimmten Muster angeordnet finden sich auf den Wänden für den aufmerksamen Besucher auch handgroße Zeichen und Symbole aus Messing: Planetensymbole, Tierkreiszeichen, Signaturenkürzel, Elementezeichen, Hieroglyphen der Transmutationsprozesse und anderer alchimistischer Systeme verweisen auf Praktiken, Ordnungssysteme und Vorstellungen der mittelalterlichen Pflanzen- und Heilkunde.

HOF DER BADER signet_2

Sonnenzeiger für den Johannistag: Besondere Bedeutung maß man schon seit heidnischer Zeit dem Bad um die Sommersonnenwende und später dem Johannistag bei. Vom Vorabend des 24.Juni (S. Johannis Baptistae) galt das Baden als besonders heilkräftig. In einer Wand des oberen Plateaus ist schräg ein Messingrohr präzis im Winkel der örtlichen Sonnenkulmination zur Zeit der Sommersonnenwende eingelassen. Auf dem Boden ist genau in dem durch den Kulminationswinkel besimmten Abstand auf der Nord-Südachse zur Maueröffnung ein rundes Sonnensignet eingelassen, dessen Zentrum der Lichtpunkt am 21.Juni jeden Jahres genau um 12 Uhr wahrer Ortszeit trifft.

HOF DER BADER Lichtpunkt & Signet vor Montage
Montage des Sonnenzeigers am Sonnwendtag / fast Johannistag 2001. Der Lichtpunkt hat kurz vor 12 Uhr wahrer Ortszeit den ermittelten Bodenpunkt für 12 Uhr erreicht. Dort wurden die Sonnensymbole aus Messing später im Boden verankert.

HOF DER BADER Sonnenzeiger -Montage

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